Page 4 -
P. 4
Und dennoch haben wir in diesen 30 Jahren viel erreicht, und wir
haben viel gelernt. Dies merke ich selber im Privaten. Ich selbst
stamme aus dem Westen Westdeutschlands, der alten BRD, aus
dem Rheinland. Meinen ersten Besuch stattete ich der ehemaligen
DDR, den damals sog. fünf neuen Bundesländern, im Jahre 1991 ab,
um dann ab März 1992 in Dresden mein Studium aufzunehmen. Mit
einer halbjährigen Unterbrechung für einen Auslandsaufenthalt in
Italien blieb ich bis zum Jahr 2000 in Dresden und zog dann zurück
in den Westen, dieses Mal in die Pfalz, und begann dort mein
Referendariat.
Meine Zeit in Ostdeutschland ist fest in meinem Leben verankert.
Meine Frau, die ich in Dresden kennengelernt habe, stammt aus
Thüringen, mein heute bester Freund, mit dem ich zu Studienzeiten
zusammengewohnt habe, stammt aus dem Erzgebirge, ich habe
Familie und Freunde in Sachsen, konnte mich den Themen
annähern, die die Menschen in Ostdeutschland beschäftigen. Dabei
sind die Ost-West-Beziehungen und der Umgang damit stets latent
vorhanden geblieben. Das Verständnis, aber auch das Unverständnis
für die jeweils andere Seite kommt immer wieder an die Oberfläche,
die vielen Unterschiede, gewiss aber auch die Gemeinsamkeiten
werden thematisiert, beschäftigen die Menschen weiterhin.
All dies kann man natürlich als Problem, stattdessen aber auch als
Herausforderung betrachten. Probleme zermürben uns, an
Herausforderungen wachsen wir. Probleme wirken oft als
unüberwindbare Mauern, Herausforderungen sind wie Berge, auf
deren Gipfeln wir mit Stolz stehen, um mit neuem Mut die nächsten
Anhöhen in den Blick zu nehmen.